So relativ harmlos, wie er an vielen Tagen ausschaut, ist der
Lainbach wirklich nicht. Ein einziges, großes Gewitter
über der Benediktenwand hatte vor gut einem Jahrzehnt
genügt, eine Naturkatastrophe herbeizuführen. Selbst die
ältesten Einwohner von Benediktbeuern konnten sich an ein
solches Ereignis nicht erinnern, noch hatten sie von ihren
Vorfahren je ähnliches gehört. Die von allen Seiten
herbeiströmenden Wassermassen ließen den Lainbach zum
reißenden Strom anschwellen, der den befestigten Uferweg, die
Betonmauern der Uferbefestigungen, und Brücken mit brachialer
Gewalt zerstörte. Große Mengen entwurzelter Bäume
wurden mitgerissen und schoben sich zu haushohen, in sich
verfilzten Haufen auf. Das Lainbachtal war innerhalb weniger
Stunden zur undurchdringlichen Wildnis geworden. Heute können
wir wieder durch das Tal wandern und die weiter notwendigen,
großen Anstrengungen verfolgen, die das Flußbauamt
Weilheim im Auftrag des Freistaates Bayern unternimmt, um die Natur
in diesem Tal zu zähmen. Dankenswerterweise wurde auch ein
Wildbach-Lehrpfad eingerichtet, der die Menschen über die
Notwendigkeit der umfangreichen, kostenträchtigen Bauten und
Regulierungsmaßnahmen aufklärt.
Unser Weg Nr. 456 zur Tutzinger Hütte führt uns zuerst
fast eine Stunde lang am Lainbach entlang.
Wenn wir vom Alpenwarmbad kommend, die neue Brücke über
den Lainbach überschritten haben, stehen wir vor einer typisch
bayerischen Bet- bzw. Gedenkstätte. In einer Art kleinem
Häuschen befindet sich eine Marienstatue, davor brennende
Kerzen. Vom nach rechts, lainbachabwärts führenden
Kreuzweg sehen wir auf beiden Seiten eine Station. Hier sind wir an
der richtigen Stelle. In Brückenverlängerung, geradeaus
nach oben, führt der Alpenvereinsweg Nr. 455 zur Tutzinger
Hütte.
Wir wollen aber auf dem interessanteren AV-Weg 456 dem
Wildbach-Lehrpfad durch das Lainbachtal folgen und gehen nach
links, immer am Ufer des Wildbaches entlang.
Und schon stehen wir vor der ersten von 10 wirklich sehr
schön, mit farbigen Grafiken und Fotos aufgemachten
Informationstafeln des Wildbach-Lehrpfades, die uns die
nächste Stunde begleiten werden. Das könnte uns auf dem
Weg zur Tutzinger Hütte einiges an Zeit kosten. Aber es
wäre zu schade, einfach nur so vorüberzugehen, ohne die
interessanten Informationen zu studieren. Vielleicht bietet sich
ein Kompromiss an: Wir werfen jeweils nur einen kurzen Blick
darauf, registrieren, daß neben den Maßnahmen zur
Wildbachverbauung auch umfangreich über Flora und Fauna dieses
Tales informiert wird und entscheiden uns, in nächster Zeit
unbedingt einen extra Besuch dafür einzuplanen.
Verbauungen (links) stufen den Bachverlauf ab; das Gefälle
wird gemindert. Das herabstürzende Wasser hält die
großen Steine eher an Ort und Stelle. Nach einigen Metern
strömt es wieder mit mehr Kraft bachabwärts.
Doch was sehen Sie rechts? Nehmen Sie zunächst nur den vorne
zwischen den riesigen Pfosten stehenden Wanderer wahr, auch wenn er
kaum zu sehen ist. Damit können Sie die Größe des
Treibholz-Rechens einschätzen, der nach etwa zehn Wegeminuten
mitten im Tal aufgebaut ist.
Hier gibt es auch eine besonders ausführliche Information über den Zweck des Hochwasser - Treibholz - Rechens, welcher erst nach der oben erwähnten Naturkatastophe errichtet wurde, als große Mengen von Bäumen und Ästen bis in den Ort geschwemmt wurden.
Wer dies studiert hat, kennt die Geschichte, und die Aufgaben, die
mit den umfangreichen Arbeiten im Lainbachtal zu bewältigen
sind.
Ein Blick zurück auf unserem Weg zeigt, daß der Weg den
Windungen des Baches folgt, einer nach der andern. Hinein ins Tal
wird uns das nicht besonders auffallen. Wenn man aber nach einer
stundenlangen Tour auf die Benediktenwand durch das Tal
zurückkehrt, ist es angeraten, auf die Uhr zu schauen, um
nicht dem Trugschluß anheim zu fallen, daß man nun
endlich nach der nächsten Windung am Parkplatz sein
müßte. Es dauert zurück 50 Minuten, und die Uhr ist
da zuverlässiger! Interessant sind auch immer wieder die
rechter Hand steil emporragenden, senkrechten Gesteinsschichtungen,
wie man sie woanders nicht oft sieht.
Über eine Betonbrücke queren wir auf die andere
Bachseite, später über eine Holzbrücke, und kommen
zur (privaten) Söldneralm. Kurze Zeit später
verläßt der Weg das Lainbachtal, das man nicht weiter
begehen kann. Dann queren wir einen steilen Seitenarm über
eine Fußgängerbrücke, erbaut von der Sektion.
Der Blick zurück (links eine hohe Verbauung) läßt
erkennen, daß wir schon gut höher gekommen sind. Es geht
auf einem ausgewaschenen Weg mit Geröll steil bergauf. Doch
mehr als etwa 100 Höhenmeter und 20 Minuten sind es
nicht.
Den Wanderer erwartet oben ein kleiner Rastplatz. Dann geht es
gemütlich, immer nur mäßig ansteigend, auf breiten
Forstwegen weiter, bis wir nach 2 - 2 1/4 Stunden an der Talstation
der Materialseilbahn ankommen.
Vom nun folgenden, schmalen Serpentinenweg blicken wir
zurück zur Station der Materialseilbahn. Von hier aus
muß alles, was die Hütte erreichen soll, per Seilkorb
über 220 Höhenmeter hochgezogen werden.
Wir wandern in etwa 30 Minuten selber hoch. Dann ist die Hütte
in Sicht! Es gibt was zu trinken, Hurra!