Konzept der Energieversorgung
Inhaltsverzeichnis
(Anklicken der Titel führt zum Abschnitt)
-
Rahmenbedingungen
- Energiebedarf
- Aufgabe und
Ziele des neuen Energiekonzeptes
- Maßnahmen
und Lösung
-
- Investitionskosten
-
Blockschaltbild
1. Rahmenbedingungen
- Bewirtschaftete AV-Hütte der Kategorie I, Neubau
Niedrigenergiehaus, Holzständerbauweise
- 28 Bettenlager, 63 Matratzenlager , 90 Eßplätze
auf zwei Gasträume aufgeteilt
- Pro Jahr ca. 4.000 Übernachtungen (angestrebt
zukünftig mehr), 10.000 Tagesgäste
- Öffnungszeit von Mai bis November, zum Jahreswechsel und
an Ostern (Summe ca. 204 Tage)
- Materialtransport über Forststraße (11 km) und
Materialseilbahn (max. 150 kg netto,
ohne Korb, ca. 250 Höhenmeter)
- Verbindungswege nach Bad Tölz, Benediktbeuern, Jachenau,
Lenggries, Kochel, Walchensee
- Ab Ende der Forststraße ist die Hütte nur zu
Fuß über einen Bergweg zu erreichen.
2. Energiebedarf
Aus dem reinen Hüttenbetrieb vor dem Hüttenneubau sind
die exakten Erfahrungswerte des direkten Energieverbrauches bekannt
z.B. für Seilbahnbetrieb, Wasserpumpen, Beleuchtung, Kochen
und Waschen. Geheizt wurde überwiegend der Bereich des
Hüttenwirtes mit dem Holzherd der Küche (der diente auch
für eine geringe Heißwasserversorgung von Küche und
Personal). Die 2 Kachelöfen im Gastraum, als einzige
verwertbare Heizquellen der Hütte, wurden nur unzureichend
genutzt. Zum Kochen diente auch Flüssiggas.
Der indirekte Energieverbrauch des Hüttenbetriebes in
umliegender Umgebung, d.h. bis zum Ortsende von Benediktbeuern,
z.B. für die Personalfahrten (täglich mindestens 1
Fahrzeug, häufig 2), die täglichen Versorgungsfahrten des
Hüttenwirtes für Frischkosteinkäufe und die
wöchentlichen Getränkeanlieferung, gekühlt und in
Flaschen per LKW, betrug bisher ca. 1700 Liter Treibstoff pro Jahr.
Annahmen: 23 km Forststraße mit 500 Höhenmeter pro
Fahrt, Tempolimit 30 km/h. Die zusätzlichen Fahrtkilometer pro
Einzelstrecke ab Ortseingang bleiben unberücksichtigt.)
Der direkte und indirekte Energiebedarf des Hüttenbetriebes
wurden als Ausgangswerte benutzt bei der Planung eines neuen
ökologischen Gesamt-Betriebskonzeptes der Hütte und bei
der Gestaltung des neuen Energiekonzeptes.
Der tägliche Energiebedarf ist ca. 40 kWh elektrisch und 90
kWh thermisch.
3. Aufgabe und Ziele des neuen Energiekonzeptes
- Argumente der optimalen Wirtschaftlichkeit und der minimalen
Investitionskosten dürfen nicht diehöchste Priorität
erhalten auch wenn Ökonomie und Ökologie gleichwertig zu
bewerten sind.
- Größtmögliche Reduzierung der Gesamtemissionen
aus dem Betrieb der Hütte im Sommer und Winter und
während der Winterruhe, (Versorgungsfahrten, Personalfahrten,
Lärm, Abgase, Abwasser, Müll)
- Einhaltung aller gesetzlichen Auflagen für den
Hüttenbetrieb.
- Behaglichkeit der Hütte und ein zufriedenstellendes
Versorgungsangebot für die Hüttengäste
durch intelligente Lösungen.
- Stundenweise Heizung auch während der Saison wegen starker
Abkühlung, z.B. nachts, bei schlechtem Wetter und im
Wandschatten ab Ende September.
- Ausreichende Kühlung für Lagerung frischer
Nahrungsmittel (gegen Ungeziefer geschützt) und
Getränkeausschank (vorzugsweise aus Großgebinden).
- Automatisch startbares BHKW mit umweltverträglichem
Treibstoff (z.B. Gas) und personenunabhängiger
Treibstoffzufuhr.
- 100% Nutzung der Generator Abwärme für den
thermischen Energiebedarf der Hütte, keine Notkühlung im
Normalbetrieb.
- Geringe Betriebskosten auch während der
Winterschließung durch Photovoltaik zur Ladungserhaltung der
Batterien.
- Geringe Service Anforderungen durch robuste einfache
Einzelgeräte der Energieversorgung.
- Gesicherte Ersatzmöglichkeiten der Einzelgeräte am
Ende der Lebensdauer.
- Zuverlässige Redundanz der Aggregate.
4. Maßnahmen und Lösung
In langwierigen Modellrechnungen haben Fachleute gemeinsam den
theoretisch besten Lösungsweg ermittelt. Wegen der
zusätzlichen Anforderungen wird der Gesamtenergiebedarf kaum
abnehmen, aber sich stärker auf den direkten Energiebedarf der
Hütte verlagern. Die aufgewendete Energie wird mit
höchstmöglichem Wirkungsgrad nach heutigem Stand der
Technik optimal genutzt.
Die verwertbare
Leistung für die Hütte ist doppelt so groß wie
zuvor. Die Emissionen insgesamt sind im Vergleich zu vorher auf 30%
reduziert (Trotz Leistungssteigerung!).
Umweltgefährdung durch Transport gefährlicher
Güter wird vermieden.
4.1 Zurückhaltung beim Energieverbrauch
Es wurde sorgfältig geprüft, auf welche
Energieverbraucher aufgrund der vorhandenen Gegebenheiten
verzichtet werden kann, weil alternative Ausweichmöglichkeiten
bestehen. Im Falle des Betriebskonzeptes für die Tutzinger
Hütte ergab sich folgendes Bild:
Vermeidbare Stromverbraucher
Gerät |
Bemerkung |
Kaffeeautomat |
Gastronomie Aufgußanlage mit kochendem Wasser vom
Gasherd |
Microwelle |
Bei Frischkost und entsprechender Speisekarte nicht
erforderlich |
Waschmaschine, Wäschetrockner Bügelmaschine |
DAV Hütten-Schlafsack Zwang, Restwäsche ist
umweltfreundlicher im Tal zu bearbeiten |
elektrische Heizöfen |
Fußbodenheizung vom BHKW und Holzöfen im
Nebengebäude bzw. Selbstversorgerraum |
elektrische Kochplatten |
Gasküchenherd |
elektrische Wassererhitzer |
Heißwasser aus dem Wärmespeicher, kochend Wasser vom
Gasherd |
Geschirrspüler mit Heizung |
Heißwasser aus dem Wärmespeicher über das
Hausnetz (Der Wärmespeicher wird vom BHKW geladen) |
Unverzichtbare Stromverbraucher
Gerät |
Verbrauch |
Bemerkung |
Materialseilbahn |
1 bis 4 kWh Drehstrom |
ca. 4 Fahrten täglich |
Trinkwasserpumpen |
2 x 0,4 kW Drehstrom |
|
Entkeimung |
0,72 kWh / Tag |
|
Kältetechnik |
3 x 0,7 kW Drehstrom |
1 von 3 abwechselnd in Betrieb,
14 Stunden täglich |
Heizung/Warmwasser |
0,3 kW |
Dauerlast |
Telefonumsetzer, Rauchmelder, Bergwacht,
Notbeleutungsanlage |
0,3 kW |
Grundverbrauch |
Staubsauger |
0,9 kWh |
|
Jauchenpumpe |
2 kWh Drehstrom |
1 x jährlich zum Saisonende |
Lüfter (Küche), kleinere Küchengeräte |
0,3 - 0,5 kW |
bedarfsweise bei Hochbetrieb 2 Stunden |
Heißwasser Geschirrspüler |
0.3 kW Drehstrom |
bei Hochbetrieb ca. 2 Stunden pro Tag |
4.2 Vorgehensweise beim Erstellen des
Energiekonzeptes
- Gemeinsam mit dem Hüttenwirt wurde ein Betriebskonzept
für die Tutzinger Hütte entwickelt. Täglich
wiederkehrende Arbeiten sind in einem Zeitplan mit optimierten
Arbeitsabläufen so organisiert,daß Energiesparen und
ökologische Nachhaltigkeit besonders berücksichtigt
werden.
- Alle Planungsgrößen wurden aus
-
- den
Erfahrungswerten,
- den
veränderten Betriebsgrößen und
- den
Herstellerempfehlungen
- sorgfältig
ermittelt und in der Dimensionierung der gesamten Energieversorgung
mit ausreichender Reserve berücksichtigt.
- Bei allen eingesetzten Geräten wurde der Einsatzfall mit
dem Hersteller detailliert abgesprochen und die Vorgaben des
Herstellers wurden befolgt.
- Einsatz einfacher, handelsüblicher Industriegeräte
mit Serviceleistung und Ersatzteileversorgung in nächster
Umgebung. Wartungsfreundlichkeit, Robustheit und Einfachheit der
Module haben Vorrang vor hohen Wirkungsgraden mittels teurer
Elektronik. Nach Möglichkeit wurde auf Elektronik
verzichtet.
- Planerische Gleichverteilung der Verbraucher auf die 3 Phasen,
Vorrangschaltung der Verbraucher nach Wichtigkeit, Generatorbetrieb
möglichst mit Vollast.
- Vorkehrungsmaßnahmen in den elektrischen
Sicherungskreisen, daß keine unerwünschten Verbraucher
ans Netz angeschlossen werden können.
- Erfassen, Aufzeichnen und regelmäßiges Auswerten
aller wichtigen Verbraucher in den jeweiligen Zuleitungen durch
Verbrauchszähler und Betriebsstundenzähler).
- Für unverzichtbare Funktionen sind Ersatzaggregate
vorhanden (Notstromgenerator, Kachelofen, Ersatzgleichrichter,
Gastherme, 3 Öfen für feste Brennstoffe, eine
Kochgelegenheit für Flaschengas).
- Alle Installationsarbeiten wurden nur von Fachbetrieben
ausgeführt, denen auch die professionelle Jahreswartung
übertragen wird.
4.3 Komponenten des Energiekonzeptes
BHKW,
von hinten
BHKW,
von vorne
Talstation der Materialseilbahn,
Gastank, Gasschlauchleitung erkennbar
- Primärenergie / Gasversorgung: Propan Flüssig Gas
(LPG), 6400 Liter Gastank an der Talstation (1100 m),
Befüllung mit normalen Tankwagen über Forststraße,
Versorgung der Hütte über Schlauch-Freileitung `` DN 20,
NP 100, Länge ca. 600 Meter und 250 Höhenmeter,
Aufhängung mit Stahlseil an Seilbahnstützen,
Vordruck-Regelung 500 - 700 mbar, Enddruck-Regelung an der
Hütte für Küche und BHKW,
- Blockheizkraftwerk (BHKW) der Firma EAW in Westenfeld, 230 /
400 V Drehstrom Synchrongenerator, Leistung ca. 7,5 kVA elektrisch
und 18 kW thermisch, Ford 4 Zylinder Ottomotor mit
Saugklappenregelung, zur Schallentkopplung auf Dämmfilz
montiert, Schallabgabe 60 dBA, Propangasbetrieb (max. 50 min. 30
mB), Wärmetauscher mit Kondensatfalle/ -Ablauf, 24 V
Lichtmaschine für Startbatterie (Startautomatik) und
Regelungsspannung, zusätzlich Netzladegerät,
potentialfreie Störungsmeldung, Stamford
Drehstrom-Synchrongenerator, Kondensatpumpe, 70 mm Kunststoff
Abgasrohr
- Wärmespeicher (ca. 500 kW) 2 Föbi``
Schichtspeicherkessel zu je 3800 Liter speichern
100% der thermischen Energie aus der Stromerzeugung für
alternierende Verwendung im Betrieb der Hütte.
- Ladegleichrichter: Automatische Regelung, Eingangsspannung 230
/ 400 V AC, 40 A, Ausgangsspannung 48 V, 45 A DC
4.4 Wirkungsweise der Energieversorgungsanlage
Akku-Batterie 48 V
Photovoltaik auf dem Hüttendach
- Die neu installierte Anlage hat 3 bidirektionale Wechselrichter
an einem 48V/1200Ah Batterieblock (Akkumulatoren). Die drei
Wechselrichter sind so zueinander synchronisiert, daß in der
Hütte ein Drehstromnetz aufgebaut wird. Die Wechselrichter
können dabei jeweils eine Leistung von 4,5 kWp permanent
übertragen. Ab einer genau eingestellten Werteschwelle werden
dann das Blockheizkraftwerk (BHKW) oder ggf. das Dieselaggregat
zugeschalten.
- Die Wechselrichter sind so eingestellt, daß das BHKW
immer im optimalen Wirkungsgradbereich läuft. Wenn mehr
Energie benötigt wird, als das BHKW liefern kann, dann
übernehmen die Wechselrichter die zusätzlich
benötigte Leistung vom Batterieblock. Wird weniger Energie
gebraucht, als das BHKW liefert, dann werden die Batterien
über die Wechselrichter geladen.
- Alle Komponenten kann der Hüttenwirt auch manuell
schalten. Dabei sind die Komponenten über Doppelschalter so
geschaltet, daß jede (BHKW, Wechselrichter, Diesel) auch
unabhängig von den anderen die Hütte versorgen kann.
- Alle Komponenten sind Standardausrüstung, keine
Sonderanfertigung. Eine auf dem Hüttendach montierte
Photovoltaik-Anlage unterstützt das BHKW, ist aber vor allem
im Winter von Nutzen, wenn die Hütte nicht bewirtschaftet ist.
Ihre Leistung reicht aus, um die Batterien pflegend zu laden.
5.Investitionskosten
Nur für einen Teil der anfallenden Tätigkeiten konnten
pauschale Rahmenverträge abgeschlossen werden.
Regieaufträge wurden vergeben z.B. für Maurerarbeiten zur
Gasleitung (Fundamente Gastank, Tragseilverankerung etc) Verlegung
der Schaltschränke, Erweiterung der Regeltechnik,
Serviceleistungen und kleinere Ergänzungen. Besonders
erschwerend war hierbei, daß die Versorgungstechnik
(Seilbahn, Trinkwasser, Kraftstrom) gleichzeitig ohne Unterbrechung
aufrecht erhalten werden mußte.
6. Blockschaltbild der Energieversorgung
Entwurf: Ingenieurbüro Dipl.-Ing.
Phys. Michael Berger, Garmisch-Partenkirchen
gezeichnet: Ulf Schreglmann